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DAS MIKROSKOP - SEIT 400 JAHREN WERKZEUG DES LEBENSWISSENSCHAFTLERS

Kapitel 1

 
Kapitel 2

Werkzeugmacher

ein brauchbares Messinstrument

Kapitel 3

Seuchen und Forscher
 

Kapitel 4

Neue Technologien der Mikroskopie

 

WERKZEUGMACHER

Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert baute der Optiker John Marshall (1663-1725) ein etwas schwerfälliges Mikroskop, das an die Konstruktionen von Hooke angelehnt war. Neu war ein beweglicher Kondensor unter dem Objekttisch, welcher die Untersuchungen im Durchlicht erheblich verbesserte.

 

Grosse Fortschritte gab es in England, wo sich der Instrumentenmacher Edward Culpeper (1660- ca.1740)  um eine sinnvolle Vereinfachung des Marshall-Mikroskops bemühte. Er führte die "Zwischenlinse" ein und konstruierte etwa 1730 ein billiges und praktisch zu handhabendes Instrument. Neu waren daran die Feineinstellung durch Verschieben des Tubus in einer Hülse und der in der optischen Achse stehende Hohlspiegel, was eine besondere Kondensorlinse unnötig machte. Für Auflichtuntersuchungen gab es  am Rand des Mikroskoptisches eine verstellbare Kollektorlinse.
John Dollond (1706-1761)
Anfänglich wurden diese Instrumente noch ganz aus Holz und Pappe gebaut. John Dolland, ein Londoner Optiker, fertigte später erst den Tisch, dann die Füße und schließlich auch den Tubus und die Schiebhülse aus Messing an. Dollond integrierte 1758 ein achromatisches Linsensystem in einem Teleskop und war damit Erste, dem eine Korrektur dieses hartnäckigen Linsenfehlers gelang

 

 

Immer wieder in der Geschichte ist es vorgekommen, dass grosse Wissenschaftler notwendige Entwicklungen in der Wissenschaft kraft ihrer Autorität behindert haben. So war es Rudolf Virchow (1821-1902), der nach der Entdeckung des Neandertalers durch Fuhlrott (1803-1877) im Jahre 1856, den Fund als Schädel eines rachitischen Kosaken bezeichnete und die Forschungen um fast 15 Jahre verzögerte. Obwohl der Strassburger Anatom Schwalbe beweisen konnte, dass es sich um ein prähistorisches Skelett handelte, blieb Virchow bis an sein Lebensende bei seiner falschen Behauptung.
Im Falle der Mikroskopie war es kein geringerer als Isaac Newton (1643-1727), der mit seiner kategorischen Aussage, dass sich ein achromatisches Linsensystem nicht bauen lasse, jeden weiteren Versuch, ein solches zu konstruieren, für Jahrzehnte blockierte. Wohl waren Newtons Experimente und Schlüsse richtig, allerdings benutzte er die falschen Glassorten.

Erst im Jahre 1774, also mehr als 40 Jahre nach Newtons Tod,  setzte  Benjamin Martin (1704-1782) als erster ein achromatisches Linsensystem, eine Kombination aus Kron- und Flintglas, in ein Mikroskop ein. Diese Änderung, ein sogenannter Milestone, brachte einen beachtlichen Fortschritt und manifestierte endlich den grossen Vorteil des zusammengesetzten Mikroskops vor dem einfachen Mikroskop.

 

 

John Cuff (ca. 17081772), war einer der vielen Feinmechaniker, die Culpeper´s Instrument weiterzuentwickeln versuchten. Er versah seine Mikroskope mit einer feststehenden Stativsäule, gegen die der Tubus durch eine Schraube, bei späteren Modellen durch Zahnrad und Zahnstange bewegt werden konnte. Dadurch wurde erstmals eine genaue Feinjustierung der Fokussierung in die Brennebene möglich

 

 

Sehr gefragt waren im 18. Jahrhundert sogenannte Sonnenmikroskope, eine von der Laterna magica
abgeleitete Mikroprojektionseinrichtung.

Ausreichend Sonnenlicht wurde über einen grossen, raffiniert beweglichen Spiegel durch das Präparat auf einen grossen Schirm in einem dunklen Raum projiziert.
Zwar wurde diese Technik auch bei Vorlesungen eingesetzt, meist diente sie aber der
Belustigung auf Jahrmärkten.

 

 

Ein brauchbares Messinstrument

 

Ein katadioptrische Mikroskop (Spiegelmikroskop) von Giovanni Battista Amici (1786-1868). Es kommt zu keiner chromatischen Aberration, weil ein Hohlspiegel als Objektiv dient. Dieses Mikroskop wurde ab ca. 1825 hergestellt. Amici entwickelte auch das erste Immersionssystem, bei dem ein Flüssigkeitstropfen zwischen Objekt und Objektiv eine erhebliche Steigerung der Auflösung mit sich brachte.

 

 

Die achromatischen Systeme, die Joseph von Fraunhofer (17871826) in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Glastechniker Pierre Guinand (17481824) in der optischen Werkstätte von Josef von Utzschneider (1763– 1840) in Benediktbeuren anfertigte, hatten erhebliche Mängel -  sie hatten keine ausreichende Vergrösserung. Dennoch ist sein Werk für die weitere Entwicklung der optischen Industrie sehr bedeutsam geworden.Er führte Experimente zur spektralen Zerlegung des Lichtes durch. Als Referenz dienten dabei die nach ihm benannten dunklen Linien des Sonnenspektrums. Fraunhofer erkannte auch, daß es möglich sei, durch Änderungen der Bestandteile, Glasarten zu erzeugen, die die Spektren des Lichtes weniger streuten, als die bis dahin gebräuchlichen Gläser.

Fraunhoferlinien sind  Absorptionslinien im Sonnenspektrum, die dadurch entstehen, dass Sonnenstrahlen beim Durchgang durch die Photosphäre oder Chromosphäre absorbiert werden. Dazu sieht man, entsprechend der Wellentheorie, die Gasteilchen in diesen Schichten als Resonatoren an, die durch das eintretende Licht zur Resonanz angeregt werden und dann gleichfrequentes Licht nach allen Seiten aussended. Dadurch wird die Lichtausbeute für die Frequenz geringer, und sie erscheint im Sonnenspektrum als dunkle Linie

 

 

Bedeutende Fortschritte bei der Auflösung brachten die Konstruktionen von Ernst Abbe. Er hatte als Sohn eines Spinners mit knappsten Mitteln seine Hochschulstudien in Jena und Göttingen absolviert, war dann zwei Jahre als Lehrer der Physik in Frankfurt am Main tätig gewesen und ab 1863 als Privatdozent für Physik  in Jena, wo Carl Zeiss als Universitätsmechaniker arbeitete. Bei ihm lernte Abbe die Praxis des Instrumentenbaus.
Carl Zeiss (1816
1898)Angeregt durch den Botaniker Matthias Jakob Schleiden  baute Carl Zeiss ab 1843 in Jena
zusammengesetzte Mikroskope.

Er erkannte rasch, daß mit der üblichen Methode des Ausprobierens, Pröbeln wie es in Jena hiess, nur Durchschnittliches geleistet werden konnte. Er suchte deshalb nach einem Physiker, der ihm durch Vorausberechnung einen hohen Standard sichern sollte. Dieser Physiker war Ernst Abbe . Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit war die 1878 gelungene Konstruktion einer homogenen Ölimmersion, mit der die Auflösung dramatisch gesteigert werden konnte..

Ölimmersion 1878
Schon Brewster hatte 1813 über entsprechende Versuche berichtet. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Amici Studien über die Brauchbarkeit von Anisöl angestellt. Angeregt von Stephenson in London, fand endlich Ernst Abbe eingedicktes Zedernöl als ideales Immersionsmedium mit dem Brechungsindex von 1.515.

Die Apertur wird gesteigert, wenn der Brechungsindex des Mediums >1 (Luft) ist. Bei einem maximalen Öffnungswinkel von 67.5° erhält man eine Apertur von 1.515 x 0.92=1.4. (0.95 ist die oberste Grenze der Apertur bei einem Öffnungswinkel von 72°.) Ist die Apertur bekannt kann man nach der Formel d=l/2A das Auflösungsvermögen berechnen. Bei normalem Licht wird l als 550 nm (grün) gesetzt. d=550/2x1.4=200nm .

Achromasie

1879 wandte sich Abbe einem anderen Grundproblem der mikroskopischen Optik zu, der Korrektur der sphärischen und der chromatischen Aberation.
Er erkannte, daß man beide Probleme, allerdings durch unterschiedliche Massnahmen, beheben konnte.
Neben dem lange bekannten Kron
und Flintglas hatte schon Amici einige andere Glasarten für die Herstellung der Linsen seiner Systeme benutzt. Versuche zur Erzeugung neuer Glassorten hatten auch Harcourt (17891871) und Stokes (18191903) angestellt, aber in nur unzureichender Form publiziert.

Schott

Abbe produzierte in Zusammenarbeit mit dem Glastechniker Friedrich Otto Schott (1851‑1935)  neue Glassorten mit definierten Konstanten. Vor allem Borat‑, phosphat und Silicatgläser wiesen die optischen Eigenschaften auf, die für eine Verbesserung der Objektive nötig waren.

 

 

August Köhler (1866-1948) entwickelte 1904 in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen von Rohr bei Zeiss ein Ultraviolett-Mikroskop, um mit der kleineren Wellenlänge eine höhere Auflösung zu erreichen. Das Licht wurde von einer Cadmiumlampe erzeugt, die Optik wurde aus Quarz gefertigt. Dieses Mikroskop war sehr teuer und auch eingeschränkt einsetzbar, eröffnet aber der Fluoreszenzmikroskopie neue Wege.
Als hervorragende Mikrophotograf entwickelte Köhler eine standardisierte Beleuchtung, die sogenannte Köhler´sche Beleuchtung, bei der  Objekt, Iris- und Aperturblende in einer konjugierten Fokusebene stehen. Ein quantitativer Einsatz der Mikroskopie, z.B. als Photometer oder bei der Bildanalyse, ist erst durch diese Beleuchtung möglich.

 

1935 entwickelte der holländische Physiker Frits Zernike (1888 - 1966) das Phasenkontrastverfahren, mit dem man kontrastarme und ungefärbte Strukturen darstellen kann.Seine Erfindung wurde fast vergessen, bis sich im zweiten Weltkrieg ausgerechnet die deutschen Militärs dafür interessierten. Er verkaufte sein Patent der Fa. Zeiss und so kamen Anfang 1940 die ersten Phasenkontrasteinrichtungen auf den Markt. 1943 konnte erstmals der Biologe Kurt Michel mit diesem Verfahren die Zellteilung beobachten und filmen.  Das Verfahren wurde sehr wichtig in der Routinediagnostik. 1953 wurde Zernike dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Prinzip:

Gefärbte Präparate in einem Mikroskop absorbieren Lichtstrahlen, d.h. sie verringern die Amplitude der Lichtwellen unterschiedlich stark. Diese Unterschiede werden als Helligkeitsunterschiede wahrgenommen. Ungefärbte Präparate haben diese Eigenschaft nicht, jedoch wird die Geschwindigkeit der Lichtwellen beeinflusst. Es kommt zur Phasenverschiebung gegenüber den Lichtwellen, die das Objekt nicht durchdringen. Durch Einsatz einer ringförmigen Phasenplatte in der hinteren Brennebene des Objektivs wird erreicht, dass die Helligkeit von abgebeugtem und nicht gebeugtem Licht  angepasst werden muss.
Die Mehrzahl biologische Objekte hat eine Phasenverschiebung von 1/4 Wellenlänge. Diese wird so verschoben, dass die Phasenverzögerung 1/2 Wellenlänge beträgt. Damit fallen bei der Interferenz der Lichtwellen Wellenberg auf Wellental, es erfolgt eine Auslöschung. Ein vorher nicht sichtbares Phasenobjekt eerscheint im Zwischenbild jetzt dunkel auf hellem Hintergrund.

 

 

In Deutschland wurde neben Jena vor allem Wetzlar wegen seiner optischen Werkstätten bekannt. Die erste wurde im Juli 1849 von Karl Kellner (18261855) gegründet.
1851 wurde das erste Mikrokop ins Ausland, nach Genf, geliefert. Auf Kellner  folgte  Christian Friedrich Belthle (1828-1869). Unter Belthle wurde 1865 der Mechaniker Ernst Leitz  (1843-1920) Mitinhaber des Werks. Er führte in den optischen Werkstätten die straffe Arbeitsteilung ein, die er während seiner Wanderjahre in der schweizerischen Uhrenindustrie kennengelernt hatte. 1869, nach Belthles Tod, wurde Leitz alleiniger Inhaber des Wetzlaer Betriebs, dem er seinen Namen gabNachdem es im Hause Zeiss, durch Ernst Abbe, gelungen war, Objektive standardisiert herzustellen, wollte alle Welt nur noch Zeiss Mikroskope kaufen, sodass z.B. auch die Fa. Leitz plötzlich weniger Geräte verkaufte. Aber Abbe verzichtete auf jedes Patent und gestattete allen Herstellern, seine Arbeit frei zu nutzen. Versuchen Sie sich das heute vorzustellen....

Die englischen und vor allem die amerikanischen Mikroskope waren damals fast nur in ihren Ursprungsländern verbreitet. Die größeren, für Forschungszwecke geeigneten Modelle hatten zum Teil hervorragende Linsen, sie waren aber speziell in der mechanischen Ausrüstung äußerst kompliziert und deswegen sehr teuer, so daß es kaum möglich war, sie auf dem Kontinent abzusetzen. Indessen gestalteten die französischen und die deutschen Firmen nach englischen Vorbildern den Tisch des Mikroskops um, sie machten ihn dreh und zentrierbar.

Schweiz

In einem kleinen brachliegenden Stickereilokal im ehemaligen Balgacher Entenbad schlägt am 26.April 1921 die Geburtsstunde der Firma "Heinrich Wild, Werkstätte für Feinmechanik und Optik, Heerbrugg". Heinrich Wild wird zum "selbständigen und verantwortlichen Leiter des Geschäftes" ernannt.
1989 Am 1. Januar wird das Unternehmen Wild Heerbrugg AG in WILD LEITZ AG, Heerbrugg, umbenannt. Die Geschäftsbereiche Geodäsie und Photogrammetrie werden zu einem Konzernbereich zusammengeführt.
Heute heisst der Konzern Leica

                                                          

 

Österreich

Carl Reichert

Carl Friedrich Wilhelm Reichert wurde am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Im Jahre er im Jahre 1865. Wie damals üblich reiste er als Geselle durch Deutschland und die Schweiz. Er wollte in Wetzlar teilhaber von Leitz werden, ihm passte aber nicht die Einflussnahme, die Frau Leitz auf die Geschicke der Firma nahm, sodass er 1876 nach Wien übersiedelte wo er seine Firma gründete. Berühmt wurde sein "Metallmikroskop", ein modular aufgebautes System, das sich in der Materialwissenschaft tdurchsetzte. Die Entwicklung des DIC (Differential Interferenz Kontrast) auch Nurmarsky Beleuchtung genannt, beruht auf der Forschung in der Fa. Reichert.

 

 

 

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