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Berichte aus der Pharmaceutischen Centralhalle für Deutschland


 

1901

Inhalt (wird sporadisch erweitert)

Ueber die Rolle, welche gewisse Organe einigen Giften gegenüber spielen
Ueber die Giftigkeit der ausgeathmeten Luft
Zinnvergiftung durch Seidenstrümpfe
Neuartiger Gummisauger

Ueber die Rolle, welche gewisse Organe einigen Giften gegenüber spielen,

geben Versuche von Bronardel (Chem.-Ztg. 1900, Rep. 222) Aufschluss.
Das betreffende Organ eines soeben getödteten Thieres wurde in jedem Falle mit einer gleichen Menge
Giftlösung verrieben, das Gemisch durch Leinwand filtrirt und die Flüssigkeit Meerschweinchen injicirt.
Zum Vergleich wurde einigen Thieren auch giftfreie Organlösung injicirt. Es wurde Strychninsulfat, Morphinchlorhydrat, arsenige Säure und Atropinsulfat verwendet. Die Organe neutralisirencdie Gifte, sind wirkungslos oder steigern die Giftwirkung. Niere und Leber machen alle Gifte inaktiv, namentlich Strychnin. Das Muskelgewebe neutralisirt Strychnin, weniger Morphin und Atropin,
die Wirkung arseniger Säure wird vergrössert. Herzgewebe hemmt die Wirkung von Strychnin und schwächt die des Morphins. Atropin bleibt unverändert, arsenige Säure wird verstärkt. Lunge wirkt besonders auf Atropin hemmend, schwächer auf Strychnin und Morphin, gar nicht auf Arsenik. Hirngewebe neutralisirt Morphin und Strychnin, bleibt gegen Atropin wirkungslos und erhöht
die Giftigkeit des Arseniks bedeutend.
-he.

Ueber die Giftigkeit der ausgeathmeten Luft

Auch Dr. E. Formanek konnte durch eingehende Untersuchungen feststellen, dass die ausgeathmete Luft an und für sich nicht giftig ist. Die Veranlassung zu dieser Vermuthung war, dass in überfüllten Räumen, in denen nicht für genügende Lüftung gesorgt ist, Menschen von Unwohlsein, Ohnmachte u. s. w. häufig befallen werden.
In der Lunge eines gesunden Menschen bildet sich beim Athmen ausser Kohlensäure und Wasser kein giftiger Stoff. Wohl  findet sich in der ausgeathmeten Luft nicht selten Ammoniak; es ist dies aber kein Product des normalen Stoffwechsels, sondern dasselbe entsteht durch Zersetzung in der Mundhöhle bei hohlen Zähnen, sowie auch in der Lunge tuberkulöser Menschen. Dieses vorhandene Ammoniak und ganz besonders seine gebildeten Salze können in Räumen äusserst giftig wirken, und zwar sind die selben als ein Herzgift im engsten Sinne des Wortes zu betrachten.
Vg
Wiener Klin. Rundsch. 1901, 141.

Zinnvergiftung durch Seidenstrümpfe.

Dr. Jolles konnte nach der Münch. Med. Wochenschr. 1904 , 372 eine acute Zinnergiftung in Folge des Tragens von mit
Zinnsalzen stark beschwerten goldgelben Seidenstrümpfen feststellen. Als Beschwerngsmittel der Seide war
Zinnchlorid in bedeutenden Mengen verwendet worden. Dasselbe wird erfahrungsgemäss zur Erzeugung von lichten
Modetönen in der Seide durch abwechselnde Behandlung mit verdünnter Sodalösung bis zu 25 pCt. vom Gewichte der
angewandten Faser auf derselben niedergeschlagen. Das Zinn war im Harn deutlich nachweisbar, ebenfalls die
Anwesenheit erheblicher Mengen von Albumosen neben geringen Mengen von Serumalbumin und Globulin; mikroskopisch
zeigten sich vereinzelt schwach ausgeprägte Cylinder. Die Annahme ist daher nicht unwahrscheinlich, dass Zinnvergiftungen
einen gesteigerten Zerfall von rothen. und weissen Blutkörperchen mit sich bringen. -vg.

Neuartiger Gummisauger.

Es ist eine bekannte Thatsache, dass die Nahrungsaufnahme des Flaschenkindes im Vergleich zur Saugthätigkeit des Brustkindes
eine mühelose und daher unzweckmässige ist. Das Saugen darf dem Kinde nicht zu sehr erleichtert werden, da durch den
Saugact die Magensecretion angeregt wird. Die Nahrungsaufnahme soll langsam erfolgen, in Folge dessen kann der
Magen nicht plötzlich überlastet werden. Als ein Nachtheil ist mit den gewöhnlichen Saugststopfen verbunden das
Mitschlucken von viel Luft. Prof. Dr. Schmidt hat nun einen verbesserten Gummisauger anfertigen lassen
(Münch. Med. Wochenschrift 1901, 23), welcher sich in der Praxis bereits gut bewährt hat. Die Verbesserung beruht darin,
dass an demselben ein Ventil angebracht ist, welches die Luft an anderer Stelle in die Flasche eintreten lässt , als die Milch
austritt. Durch dieses Ventil kann der Lufteintritt leichter oder schneller gestaltet werden, sodass der Säugling mehr oder
weniger Saugkraft anwenden muss.

Vg.