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Japanisches Apothekenschild

Dieses Apothekenschild habe ich in einem kleinen Nostalgieladen in Fukuoka, Japan gefunden und billig gekauft. Mein Freund Wolfgang, Professor an der Kyudai (Universität Kyushu), begann zu recherchieren....

 

Fukuoka 20.9.1999

Lieber Kurt,
das Schild hing in oder vor einer Arzneimittelhandlung und stammt aus der Meji-Zeit, also aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es zeigt an, dass hier Chintsueki (Schmerzstill-Trank) in einer verbesserten Formulierung verkauft wird.
Das Schild hat die Form des Hammers der Gottheit Daikoku, einer der sieben shintoistischen Glücksgottheiten. Hier werden daher volkstümlicher Glauben und Medikament miteinander verknüpft. Die drei Schriftzeichen in der Mitte, chin+tsu+eki, sind nicht wie die andern in gewöhnlicher Blockschrift geschrieben, sondern ahmen den antiken chinesischen "Sklavenschreibstil" nach, was Ehrwürdigkeit, Tradition andeuten soll.

Wolfgang

Fukuoka 27.12.99

Lieber Kurt,
es ist doch ganz schoen, wenn man von Zeit zu Zeit mit dem akkumulierten
Wissen auch mal was anfangen kann. Anbei meine Studienergebnisse:
Kankyoen (sprich: kan kioo en)
Vom Arzneimittelhaendler Hori in Kyoto entwickelte und im Jahre 1693
erstmals verkaufte Pillen.
Gegen Speisevergiftung, Bauchschmerzen, bei Kindern auch als
Antiwurmmittel verwendet. Unter den Zutaten finden sich Ginseng,
Zuckerrohr, Baerengalle, Gewuerznelken, Nashorn-Horn usw. 
Quelle: Yamawaki Teijiro: Kinsei Nihon no iyaku bunka. Heibonsha, Tokyo
1995, S. 271.

Die Inschrift laeuft von rechts nach links in senkrechten Zeilen. In der
Mitte findet sich in grossen chinesischen Zeichen der Name KAN KYO EN.
Rechts davon die Lesung dieser drei Zeichen in japanischer
Hiragana-Silbenschrift und links die Adresse der Arzneimittelhandlung
Hori in Kyoto samt dem Siegel der Familie zur Beglaubigung der Echtheit.
Die gleiche Funktion haben die zwei Schriftzeichen "honke" (sprich hon
ke), d.h. "Stammhaus", rechts oben. Urspruenglich war das Schild wie
viele dieser Arzneimittelschilder mit Blattgold belegt. Es hing offenbar
in einem Vertragsgeschaeft aus, denn rechts unten steht "Vertretungsort
/ Vermittlungsort", also etwa soviel wie lizentierte Vertretung.

Leider laesst sich das Alter nicht mit Sicherheit bestimmen. Die
Bezeichnung "Vertretung" jedoch deutet auf die zweite Haelfte des 19.
Jahrhunderts hin, als die alten Volksmittel stark besteuert wurden und
im Gegenzug ein neues Distributionssystem im traditionellen
Arzneimittelsektor entstand.
Schoenes Fest Euch beiden.

Wolfgang