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Warum gibt es dieses, im Jahre 1995 gegründete, virtuelle Museum?
Die Wissenschaft der Neuzeit ist durch die Entwicklung immer komplexerer
Forschungsinstrumente und -apparate gekennzeichnet.
Wichtige Apparate aus der Optik, Akustik, Wärmelehre steigern die Wahrnehmungsleistung
des Menschen erheblich. Die kunstgerechte Anwendung dieser Apparate erfordert jedoch die
Beherrschung ihrer Fehlerquellen und daher ihrer Theorie.
Heute erscheint es uns als pure Selbstverständlichkeit, dass den menschlichen Sinnen und
Wahrnehmungsorganen, dem menschlichen Wahrnehmungsvermögen, Grenzen gesetzt sind, und
dass die empirischen Wissenschaften sich zahlreicher Instrumente bedienen müssen, um
diese Grenzen zu überwinden.
Der Wiener Astronom Joseph Johann Littrow (1781-1840) hat dies in einfache Worte gesetzt: "Wer die Differenz der Distanzen zweier Gegenstände bloss nach dem Augenmasse oder
wer den Unterschied in dem Gewichte zweier Körper bloss dadurch bestimmen wollte, dass er
beide auf seiner Hand balancirt, würde über diese Dinge nie klar werden, und die besten
Schlüsse auf solchen Grund gebaut, werden entweder zu keinen oder doch meistens nur
schlechten und unzuverlässigen Resultaten führen. Zu diesem Zwecke müssen also
Instrumente angewendet werden, durch die wir unsere Sinne schärfen, wie z.B. das Auge
durch das Mikroskop und durch das Fernrohr."
Die Auffassung über die Unzulänglichkeit der menschlichen Sinne und die Erforderlichkeit
der Instrumente für die Beobachtung der Natur setzt sich im 17. Jahrhundert langsam
durch. Widerstände waren massiv, siehe den Fall Galilei. Für die Langsamkeit bezeichnend
ist der Sachverhalt, dass noch der Anatom und Physiologe Friedrich Arnold (1803-1890) sich
weigerte anatomische Studien mit dem Mikroskop vorzunehmen.
Die neuen Instrumente bringen zweifellos neue, eigene Probleme mit sich. Das klassische
Beispiel für neue Probleme sind die lästigen regenbogenartigen Spektra in optischen
Linsensystemen, die erst von Ernst Abbe theoretisch erkannt und beseitigt wurden.
Um zuverlässige und glaubwürdige Instrumente zu bauen und angemessen zu verwenden, muss
also deren Theorie gemeistert werden.
Diese Notwendigkeit ist für den heutigen Anwender, der in der Regel vor einer Blackbox
mit Bildschirm und Tastatur sitzt, nicht einfach. Selbst Mikroskope sind heute
automatisiert und die Köhler'sche Beleuchtung und deren
Einstellung ist nur noch den altgedienten Mikroskopikern ein Begriff - wenngleich sie
heute so notwendig ist wie eh und je. Sie wird eben automatisch per Knopfdruck
durchgeführt und ist deshalb im Detail nicht mehr interessant.
Hier sehe ich den wesentlichen Beitrag meiner Ausstellungen : den Blick hinter die
Kulissen. Es ist der Versuch, besonders beim wissenschaftlichen Nachwuchs die notwendige
Neugier zu wecken um die Blackbox zu öffnen und ein Prinzip zu erfassen.
Basel, im Dezember 1998
P.S.
Heute, im Dezember 2005, möchte ich noch einen wesentlichen Punkt hinzufügen:
es sind die vielen interessanten Kontakte, die ich weltweit mit Besuchern meines Museums knüpfen konnte. Dies ist eine überaus wertvolle Bereicherung meines Lebens, für die sich alle Mühe mehr als gelohnt hat.
Kurt Paulus
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers wurden Zitate aus dem Buch "Apparative Psychologie: Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige
Bedeutung", erschienen bei PABST SCIENCE PUBLISHERS, Autoren: D. Albert und H.
Gundlach, verwendet.
1.1.1999 Kurt Paulus
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