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Rede für den 16.11.95 anlässlich der offiziellen Eröffnung der Ausstellung

„100 Jahre X-Strahlen“
im Ciba-Gebäude K-127

von Kurt Paulus



Wahrscheinlich hätte W.C. Röntgen keine Rede gehalten. Stets fand er eine List um diese unangenehme Pflicht zu umgehen und bis heute ist er wahrscheinlich der Einzige, der selbst vor dem hohen Nobelkomitee geschwänzt hat.
Prof. Röntgen ist in seinem Leben durch viele Examen gefallen und nur den Schweizern hat er es zu verdanken, dass er auch ohne Matur studieren durfte.
Am 27. März 1895, anlässlich seines 50sten Geburtstages, als er mit seiner Frau eine Reise zum paradiesischen Golf von Sorrent unternahm , mag er wohl, wie an solchen Tagen üblich, ein Fazit seines Lebens gezogen haben. Er war ein genauer Wissenschaftler, dem man Akribie bescheinigte, doch ohne herausragende Reputation. Wahrscheinlich war er aber mit dem Erreichten zufrieden, bedenkt man alle Klippen, die er bis dato umschifft hatte. In Utrecht erhielt er einmal als Zeugnisnote, ausgerechnet in Physik ein „sehr schlecht“.
Er ahnte nicht, dass er ein viertel Jahr später einer der gefeiertsten Forscher sein würde, dessen Entdeckung (nicht Erfindung) die gesamte Physik revolutionieren würde.
Galt die Physik gegen Ende des 19.ten Jahrhunderts als abgeschlossene Wissenschaft, in der mit prinzipiell Neuem nicht mehr zu rechnen wäre, erweist sich zumindest im Rückblick die Entdeckung der Röntgenstrahlen als Initialzündung für eine tiefgreifende Erweiterung der Naturkenntnisse. Eine unmittelbare Folge war die Entdeckung der Radioaktivität durch Henry Becquerel schon im April 1896 und 1897 gelang die Identifizierung des Elektrons als Fundament der Elektrizität.
Hier will ich es mit Daten bewenden lassen, sind hier doch soviele Experten, die die Daten ihres „Brötchengebers" wahrscheinlich besser kennen als ich armer "Museumsdirektor".
Wie kam es zu dieser Ausstellung?
Das Wort „in de Mischtkübel rühre“ hat bisweilen etwas befreiendes, ist aber oft nur die scheinbare Endlösung. Als ich dieses Wort zufällig 1994 im Keller diese Hauses hörte, war ich mir nicht klar darüber, was da auf mich zukommen würde. Wäre der Lift nur eine Sekunde früher dagewesen, ich hätte nie mitbekommen, dass da Schränke geleert werden sollten, eben befreit von altem Plunder. Irgendwie aufmerksam geworden sah ich sie, diese alten handwerklichen Schönheiten, die in der Physik zu Beginn des 20sten Jahrhunderts ein Rolle spielten.
Von Herrn Riedi, Chef des Hausdienst des K-127 konnte ich eine Vitrine ergattern, die gerade ausrangiert werden sollte. Diese steht im 6. Stock und der alte Plunder wird dort, einem Thema zugeordnet in kleinen Portionen ausgestellt. Im Gespräch mit Dr. Andreas Burkhard, der ein Experte der Röntgendiffraktion ist, wurde mir irgenwann, am Anfang dieses Jahres bewusst, dass sich die Entdeckung der Röntgenstrahlen zum 100sten male jährt und ich begann zu bohren, was an altem Zeugs noch vorhanden ist, um in „meiner“ Vitrine ausgestellt zu werden.
Eine alte Röntgenröhre sollte auch noch dazu und nach einigem Nachfragen, wurde ich auf Dr. Nidecker(Basel) verwiesen, der mir eine Kostbarkeit auslieh. Neben den vielen Guinier Kameras, die ich von Dr. Burkhard, Frau Riehs und Herrn Walter bekam, nahm sich diese Röhre sehr unterrepräsentiert aus, es musste noch etwas dazu. ....
Vielleicht im Kantonsspital... Herr Saladin. Ein Anruf und sofortiges Entgegenkommen, Verweis auf Prof. Roth und da waren sie, die Ergänzungen, die meine Ausstellung brauchte: Röhren, Dosimeter, ein ganzes tragbares Röntgengerät von 1935 und diese Kreisröhre mit einem Durchmesser von nahezu einem Meter - und als Konsequenz einige neue Vitrinen.
Viele haben geholfen. Speziell freut mich der Bezug auf Basel durch die schönen Objekte der Fa. Klingelfuss, die mir von Frau Dr. Müller und Herrn Thalmann vom Museum für Gestaltung als Dreingabe zu dem wunderbaren Poster von 1934 gegeben wurden.
Ich finde es rührend, welche Freundlichkeit mir immer entgegengebracht wurde.
Wenn z.B. die Glastablare sich durchbogen und von Herrn Jordi Rat kam, oder wenn sich das Foyer der K-127 in einen Irrgarten zu verwandeln drohte und Herr Hunziker (Hausdienst) die rechte Idee hatte oder wenn von aussen ein guter Rat ungefragt kam und wenn last, but not least meine Vorgesetzten viel Verständnis für meine Idee hatten.
Alle, die hier versammelt sind haben mir irgendwie bei dieser Austellung geholfen.
Vielen Dank dafür.


 
16.1.95 Kurt Paulus